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Globalfoundries profitiert vom weltweiten Trend zum Foundry-Modell

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Luftbild des Globalfoundries.Werks Dresden, Die Erweiterungen (Mitte und links hinten) sind bereits erkennbar. Abb.: GF

Luftbild des Globalfoundries.Werks Dresden, Die Erweiterungen (Mitte und links hinten) sind bereits erkennbar. Abb.: GF

Gerd Teepe von Globalfoundries Dresden im Interview: „Wir sind Glückspilze“

 

Gerd Teepe. Abb.: GF

Gerd Teepe. Abb.: GF

Als Globalfoundries (GF) vor zweieinhalb Jahren die ehemaligen AMD-Fabriken in Dresden-Wilschdorf übernahm, änderte sich das Geschäftsmodell dort von Grund auf. Heiko Weckbrodt (“Der Oiger”) unterhielt sich mit Gerd Teepe, bei GF Dresden für die Kunden-Fertigungstechnologien zuständig, über diesen Umschwung, über den Pfad der Automatisierung und August den Starken.

 

Früher haben sie hier ein Produkt – nämlich Prozessoren – für den festen Abnehmer AMD gefertigt. Jetzt müssen Sie sich als Auftragsfertiger, als „Foundry“, am Markt behaupten, x verschiedene Technologien aufbauen, sich ständig um Kunden bemühen…

Gerd Teepe: Wir sind Glückspilze, so sehe ich das: Wir liegen mit dem Umstieg aufs Foundry-Modell voll im Trend. Wie der Amerikaner sagt: ,The Trend is our Friend’*. Außer Intel und Samsung gehen immer mehr Unternehmen weltweit in Richtung „fabless“ oder „fablight“, haben also keine Fabriken mehr oder lassen eine großen Teil ihrer Halbleiterentwürfe in Foundries fertigen. Wir profitieren also zweifach: Vom wachsenden Halbleitermarkt und vom Foundry-Trend.

Das muss aber doch eine große Umstellung für Mensch und Fabrik gewesen sein!?

Das stimmt: Globalfoundries hat über 200 Kunden und davon bedient Dresden all jene, die Spitzentechnologie wollen. Für die Mitarbeiter bedeutet das mehr Stress, weil sich gewohnte Abläufe ändern. Und da jeder Kunde seine eigenen Patente geschützt sehen will, müssen wir im Werk für ein strenges Vertraulichkeitsregime sorgen, Firewalls zwischen den Kunden errichten. Die Komplexität ist gestiegen und wir müssen mehrere Fertigungstechnologien nebeneinander beherrschen und nicht nur eine wie früher.

Zum Beispiel?

Der eine Kunde will zum Beispiel Drahtlostechnik für Handys – da sind Transistoren nötig, die wenig Energie verbrauchen. Die Computerleute wie AMD brauchen dagegen sehr schnelle Transistoren, der nächste will vielleicht analoge Bauelemente mit integriert haben…

Wie kann man sich das vorstellen: Kommt da der Kunde X und sagt: Bau mir bis Donnerstag 100.000 Chips dieser Sorte, hier hast Du die Schaltpläne?

Man darf sich eine Halbleiter-Foundry nicht als verlängerte Werkbank vorstellen. Um einen Kunden-Chip produktionsfertig zu machen, arbeiten unsere Entwickler mit denen des Kunden eng zusammen. Deshalb haben wir auch unsere Entwicklungsabteilung ausgebaut, der Anteil der Hochschulabsolventen in unserer Belegschaft ist massiv gestiegen. Die Kunden bekommen von uns sogenannte „Physical Design Kits“. Das sind Computerprogramme, die beschreiben zum Beispiel, welchen Abstand zwei Leiterbahnen haben dürfen, welche Stromstärken die Transistoren vertragen, wie sich Leitungen kreuzen können und ähnliches. Damit entwerfen die Kunden ihre Schalkreise, dabei arbeiten wir ständig mit ihnen zusammen. Und dann dauert es noch mal etwa einen Monat, bis unser Computercluster mit mehreren Tausend Rechenkernen aus dem Entwurf das konkrete Schaltbild berechnet hat und die Chip-Belichtungsmasken fertig sind. Heutzutage zeichnet ja nicht mehr der Mensch die Leiterbahnen auf, das ist viel zu komplex. Das können nur Computer.

Video aus dem Globalfoundries-Reinraum in Dresden

 

Globalfoundries hat viel Geld in die Hand genommen, um die Dresdner Werke auszubauen. Warum hier?

Früher, in den 70ern, wurde mehr Tempo aus dem Prozessoren herausgeholt, indem man die Chipstrukturen immer weiter miniaturisiert hat. Dieses „Shrinking“ hat etwas an Bedeutung verloren, neue Technologien ziehen ihre Ersparnisse heute vor allem aus neuen Materialien. Und in den Materialwissenschaften hat Dresden einen guten Stand.

Wie man hört, versucht die europäische Halbleiterbranche vor allem durch einen hohen Automatisierungsgrad gegen die Billiglohn-Konkurrenz in Asien zu bestehen. Die Kehrseite scheint mir aber, dass pro investierter Million weniger Arbeitsplätze als früher entstehen…

Die Personalkosten sind ein Argument der Vergangenheit. Die Automatisierung hat geholfen, dass die Wertschöpfung in Deutschland bleibt und nicht – wie bei vielen US-Firmen – nach China verlagert wird. Bei uns bewegt kaum noch ein Mensch Material., das erledigen fast alles Roboter. Und dadurch entstehen letztlich mehr hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland, die Lohnsummen steigen.

Gerd Teepe: Bei uns bewegt kaum noch ein Mensch Material., das erledigen fast alles Roboter.

Soviel ich weiß, kommen die meisten dieser Roboter aus Japan. Sollten Chipfabrik-Automatisierung und Robotertechnik ein neuer Schwerpunkt für Sachsen werden?

Die deutsche Automatisierungstechnik ist führend – warum sollte das künftig nicht auch für Sachsen gelten? Sächsische Modelle waren schon immer Exportschlager. Ich sehe da eine Tradition bis zurück zu August dem Starken, bis zu den Traditionen der Feinmechanik und Uhrenindustrie.

Spielt die Vergangenheit in den schnelllebigen Zyklen und Investitionsentscheidungen der Halbleiterindustrie wirklich eine Rolle? Für einen amerikanischen Manager ist die 50-jährige Mikroelektronik-Tradition in Dresden doch nur Schnee von gestern, oder?

Wir wären alle nicht hier, wenn es diese Tradition nicht gäbe. In den 80er Jahren war Deutschland nahezu aus der Mikroelektronik ausgestiegen. Dann kam die friedliche Revolution und Kurt Biedenkopfs Entscheidung, die hiesige Chipindustrie zu halten. Diese Kette hat dazu geführt, dass Dresden heute der führende Mikroelektronik-Produktionsstandort in Europa ist. Darauf können wir stolz sein.

* „Der Trend ist dein Freund“
 

siehe auch:

NXP-Manager wird Chef bei Globalfoundries Dresden

 


 Chronik “AMD und Globalfoundries in Dresden”

 

1995: Das US-Unternehmen AMD kündigt eine Prozessorfabrik in Dresden an

1999: Produktionsstart in der Fab 30

2001/02: Erweiterungen für Fab 30

2003: AMD beginnt mit dem Bau eines zweiten, größeren Werks in Dresden

2005: Eröffnung der Fab 36

2006: AMD kündigt Ausbau der Fab 30 zur Fab 38 sowie Erweiterungen an

2008/09: AMD schreibt Verluste, Chipkrise

März 2009: AMD verkauft die Mehrheit an seinen Fabriken an das arabische Konsortium ATIC, daraus entsteht der Chipauftragsfertiger „Globalfoundries“, das Dresdner Doppelwerk wird dort zur Leit-Fabrik

2010: Globalfoundries expandiert: Übernahme des Konkurrenten Chartered (Singapur), Baustart für neue Fabrik bei New York, Ausbau in Dresden

Juni 2011: In der Reinraumerweiterung in Dresden-Wilschdorf werden die ersten Anlagen installiert „Ready for Equipment“

August 2011: Zweiter Erweiterungsabschnitt im Bau, alle Dresdner Fabriken werden durch Brücken verbunden, so dass Europas größter Reinraum entsteht

 

Kurzporträt „Globalfoundries“

 

Gegründet: März 2009

Eigentümer: ATIC (Konsortium aus Abu Dhabi) und AMD

Geschäftsmodell: Chip-Auftragsfertiger im Segment Spitzentechnologie

Hauptkonkurrenten: TSMC, UMC (beide Taiwan)

Hauptquartier: Milpitas/Kalifornien

Produktionsstandorte: Dresden (Leitfabrik), Singapur, Malta/New York (im Bau)

Umsatz (2010): 3,5 Mrd. Dollar (2,45 Mrd. Euro), + 45 Prozent zu 2009

Mitarbeiter weltweit: ca. 11.000

Standort Dresden:

-> Derzeit Ausbau für zwei Milliarden Euro auf eine Kapazität von 80.000 Waferstarts pro Monat, mit 50.000 Quadratmetern Reinraum wird die Dresdner Fabrik im Endausbau voraussichtlich die größte und modernste 300-mm-Fabrik Europas sein

-> Bisher haben AMD und GF rund sieben Milliarden Dollar (4,9 Mrd. Euro) in den Standort Dresden investiert

-> 3200 Mitarbeiter, derzeit noch 300 Stellen offen

-> Mehr Infos: www.globalfoundries.de, Online-Bewerbungen für Dresdner Werk: www.globalfoundries-jobs.de

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Der Beitrag Globalfoundries profitiert vom weltweiten Trend zum Foundry-Modell erschien zuerst auf Oiger.

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